„Bildung von Geschlecht – Zur Debatte von Jungenbenachteiligung und Feminisierung an deutschen Bildungsinstitutionen“ – so lautet der Titel einer aktuellen Studie von Thomas Viola Rieske, Psychologe und Erziehungswissenschaftler an der Universität Potsdam.
Nach Rieske entsprechen Theorien genereller Jungenbenachteiligung im Schulsystem durch Überfraulichung von Bildungsinstitutionen nicht der Wirklichkeit. Eine weitere Schlussfolgerung Rieskes besteht in der Erkenntnis, dass nicht die Zugehörigkeit zum männlichen Geschlecht, sondern die Staatsangehörigkeit und die soziale Lage der Herkunftsfamilie über den Erfolg oder Misserfolg in Bildungsprozessen entscheiden. Letzteres ist seit PISA zwar hinlänglich bekannt, kann aber m. E. gar nicht oft und vehement genug betont werden.
Obwohl Mädchen die höher qualifizierten und besseren Schulabschlüsse erarbeiten, sind sie nicht gleichzeitig auch die Gewinnerinnen des Erwerbssystems.
Junge Männer sind zwar häufiger als junge Frauen im Übergangssystem zu finden und nach der Berufsausbildung stärker von Arbeitslosigkeit betroffen. Frauen aber sind nach der Ausbildung seltener als Männer erwerbstätig und häufiger als diese lediglich teilzeitbeschäftigt. Und sie verdienen weniger als Männer, sind häufiger von Überstunden und befristeten Verträgen betroffen und haben schlechtere Aufstiegschancen.
(Quelle: Tagesspiegel)
Darüber hinaus studieren und promovieren Frauen seltener als Männer. Von einer Feminisierung der Bildungsinstitutionen kann auch deshalb nicht die Rede sein, da Frauen vorwiegend in Kindertagesstätten, Grund-, Haupt-und Förderschulen zu finden sind, wo es neben der fachlichen Qualifikation auch um soziale Kompetenzen geht, während der Männeranteil in den höherqualifizierenden (und besser bezahlten!) Bildungseinrichtungen deutlich ansteigt. An Hochschulen unterrichten über 80 Prozent Männer. Auch bei der Herausgabe von Schulbüchern sind Männer überrepräsentiert.
Nach Rieske schneiden Jungen u.a. wegen konventioneller Geschlechtervorstellungen in den Köpfen und in den Bildungseinrichtungen schlechter ab, die Mädchen eher als fleißig und anpassungsfähig, Jungen dagegen als Provokateure gegen institutionelle Regelsysteme ohne soziale Kompetenzen stereotypisieren.
Sollte dies auch nur ansatzweise den Tatsachen entsprechen, so wäre die These bestätigt, dass schulische Leistungsbewertungssysteme sowohl Leistung als auch Verhalten bewerten, in welchem Verhältnis auch immer. Und dann ist es in der Tat kein Wunder, wenn hochqualifizierte Frauen in unserer Ellenbogengesellschaft den Kürzeren ziehen, weil sie nicht rechtzeitig gelernt haben, wie man sich im wahrsten Sinne des Wortes „durchboxt“…
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